8. Betriebsplanung
Die Begriffe für die (mittelfristige) Betriebsplanung wurde weitgehend bei der erweiterten Betriebsanalyse beschrieben, siehe Punkt 5. Deckungsbeitrag, Vollkosten. Werden Vergangenheit und Zukunft nach gleichem Schema dargestellt, so ist der Übergang "barrierefrei".
Nur wenige Begriffe sind zusätzlich nötig, wie die nachfolgend angesprochene Sensitivität und die Amortisation.
8.1 Sensitivität
Mittels Sensitivitäts-Tests kann gezeigt werden, wie sehr die Betriebsergebnisse sinken, falls sich Erlöse verringern oder die Kosten steigen. Beispiel: Wie sehr sinkt der Cashflow 3, wenn die Preise/Umsatzerlöse geringer sein werden als angenommen?
Die Volatilität (Flatterhaftigkeit) der Preise kann existenzbedrohende Auswirkungen haben, wenn geldliche Vorsorgemaßnahmen fehlen. Allgemein lässt sich die Frage selbst leicht beantworten, indem am Preis des Hauptprodukts oder am Preis des wichtigsten Produktionsmittels "gedreht" wird.
8.2 Amortisation
Eine Frage bei großer Investition lautet: "Wann ist das investierte Geld wieder da?" Der Begriff der Amortisation ist uralt. Er taucht heute wieder auf als "pay-off-periode" oder "break-even-time". Bei solchen Überlegungen wird schnell klar, dass manche Investitionsvorhaben sich nicht fristgerecht auszahlen werden.
Investitionen mit kurzer Laufzeit erscheinen bei diesem Kriterium günstiger als solche mit langer Laufzeit. Ein Umbau weist oft eine bessere Amortisation auf als ein Neubau. Längerfristig kann ein Neubau (ggf. an neuem Standort) trotzdem vorteilhafter sein. Das heißt, die Amortisation ist als alleiniger Maßstab kaum geeignet. Aber dennoch sollte die o.g. Frage immer in die Abwägung einbezogen werden.
8.3 Planung mit Deckungsbeitrag versus Planung ohne Deckungsbeitrag
Allgemein wird die Betriebsplanung über die variablen Kosten und den Gesamtdeckungsbetrag vorzuziehen sein. In der Landwirtschaft bietet sich dafür die Basis je Hektar, je Bestandsstück (z.B. Milchkuh) und je erzeugtes Stück (z.B. je gemästetes Rind) an. Wenn irgend möglich, wird man nicht die gesamte Herde (z.B. alle Kühe zusammen) als Kalkulationseinheit nehmen, sondern nur eine gut handhabbare Einheit davon.
Ein Restaurant-Café wird vielleicht das Vormittagsgeschäft, die Mittagsmahlzeit, den Nachmittags-Kaffee und das Abendessen trennen wollen. Auch da wird meist der Weg "mit Deckungsbeitrag" vorzuziehen sein.
Doch es gibt auch Sektoren, wo nur der Weg "ohne Deckungsbeitrag" sinnvoll erscheint, d.h. Planung direkt im Buchführungsschema. Das ist z.B. im Gartenbau der Fall. Bei der Weinerzeugung kann für die Traubenerzeugung der Deckungsbeitrag je Hektar gerechnet werden und für die Kellerei der Deckungsbeitrag als Ganzes.
8.4 Statische versus dynamische Planung
Bei der "statischen Planung" wird mit mehrjährig erwarteten Durchschnittserträgen, -preisen und -aufwendungen kalkuliert. Wenn eine Maßnahme nach vier Jahren beispielsweise einen ausreichenden Cashflow 3 erwarten lässt, wird davon ausgegangen, dass dies auch in 10 Jahren der Fall sein wird.
Wird hingegen in zeitlichen Schritten geplant mitsamt den erwarteten Erlös- und Kostenschwankungen, ist dies als "dynamische Planung" zu bezeichnen. Das klingt verlockend. Das Auf und Ab der Mengen und Marktpreise ist aber selten mit hoher Sicherheit prognostizierbar. Also kann man es grundsätzlich bei der statischen Planung belassen. Eine gewisse dynamische Planung ist bei der (unter Punkt 8.7 angesprochenen) Jahr-nach-Jahr-Betrachtung gegeben.
8.5 Ist-Betrieb - welcher?
Ein zu planender "Zielbetrieb" ist am "Ist-Betrieb" zu messen. Doch wie ist dieser zu definieren?
Aktuelles Ist
Das aktuelle Ist stellt keine Betriebsplanung dar. Das Wort kennzeichnet eine Analyse der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart im Schema der Betriebsplanung. So kann es sinnvoll sein, die Darlehensliste im aktuellen Ist auf den neuesten Stand bei den Banken zu bringen, besonders dann, wenn der Jahresabschluss schon etwas älter ist. Vor allem ist darauf zu achten, dass nicht rechnerisch zu schnell getilgt wird.
Eine Empfehlung für eine Jahr-nach-Jahr-Planung (bei einem Wirtschaftsjahr vom 1.7. - 30.6.):
Letztes WJ 2022/23 - 1.7.2022 Anfang letztes Buchführungsjahr
1. Variante 2023/24 - 1.7.2023 Anfang "Aktuelles Ist"
2. Variante 2024/25 - 1.7.2024 Anfang 1. Planjahr vor Umstellung eines Bio-Betriebes, usw.
Kalkuliertes Ist
Das (voraus-)kalkulierte Ist stellt - im Gegensatz zum aktuellen Ist - eine echte Zukunftsplanung dar. Hierfür ist zu kalkulieren, was sich künftig ergibt, "wenn man es so weiterlaufen lässt". Das heißt: gleiche Organisation wie bisher, bei mittleren Erträgen und Aufwendungen, mit durchschnittlich erwarteten Preisen und Kosten.
Dabei können sich erhebliche Abweichungen zu den Buchführungsergebnissen (und zum Aktuellen Ist) ergeben durch Änderungen, die man selbst gar nicht in der Hand hat. Im Familienbetrieb kann ein Todesfall die Einstellung einer Fremdarbeitskraft erfordern. Ein Transportunternehmer kann zur Umstellung auf andere Energiequellen veranlasst sein. Wer als Landwirt noch Kühe im Anbindestall hält, kann plötzlich mit Preisabschlägen für die Milch konfrontiert sein - wegen mangelndem Tierwohl. Vor allem wird es oft so sein, dass die Buchführungsjahre entweder extrem gut oder extrem schlecht waren, so dass das "kalkulierte Ist" davon abweichen muss.
Optimiertes Ist
Unter diesen Begriff fällt ein Betriebsplan, bei dem das Bestehende optimal genutzt werden soll. Beispiele: höhere Auslastung der Kapazitäten, effektivere Produktionsverfahren, bessere Konservierung, umfinanzierte kurz- und langfristige Verbindlichkeiten. Kleinere Investitionen und Umbauten sind einplanbar, sofern sie zur Optimierung unverzichtbar sind. Strategie: "Erst besser werden, dann größer!"
Aber es gibt auch Unternehmen, in denen nicht viel zu finden ist, das optimiert werden könnte. Manche Produktionsverfahren, die isoliert gesehen wenig rentabel sind, sind manchmal unterstützend für die echten "cash cows" des Unternehmens.
Die Planungsvariante "optimiertes Ist" wird oft mit dem "kalkulierten Ist" zusammengefasst.
Jedenfalls ist der direkte Vergleich eines Zielbetriebes mit den Buchführungsergebnissen kaum möglich. Es ist zu fragen, ob nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden.
Buchführungs-Ist
Dieser Begriff wurde vom Autor dieser Website selbst eingeführt. Er sah den Begriff als "knackig" an, weil er unmittelbar an den Buchführungsergebnissen anknüpfte. Es gab aber Verständnisschwierigkeiten bei JUP PS unter Kollegen (nicht bei JUP K). Deshalb wurde in JUP PS als Benennung nun "aktuelles Ist" festgelegt. Man nimmt z.B. die Darlehensstände per letzter Bilanz und orientiert sich mit den Deckungsbeiträgen an den Buchführungsergebnissen.
Es gibt aber Experten, die auch in JUP PS nur das letzte Buchführungsjahr rekonstruieren wollen. Sie müssen absichtlich die Kreditstände aus der vorletzten Bilanz nehmen. Sie wollen die Deckungsbeiträge so exakt wie irgend möglich für das letzte Buchführungsjahr ausweisen. Das ist nicht als Standard vorgesehen in JUP PS. Aber das Programm lässt diese Bearbeitungsweise zu.
8.6 Planung alternativer Zielbetriebe
Das ist der klassische Weg der Betriebsplanung. Daran soll der Unternehmer sehen, in welcher Richtung es weitergehen kann, wo sich eine große Investition lohnt. Dafür bedarf es der Kalkulation alternativer Zielbetriebe (vergleiche die Grafik D 424-2 unter Punkt "4.2.4 Maßstäbe des Cashflow 3").
8.7 Planung Jahr nach Jahr
Es gibt Berater, welche mehr als fünfzig Prozent ihrer Fälle nach dem Schema Jahr-nach-Jahr bearbeiten. Auch an Fachschulen wird dieses Vorgehen z.T. gewählt. Die schrittweise Planung ist besonders überlegenswert:
1. Wenn die Entscheidung zu einer Produktionsumstellung schon vor Planungsbeginn gefallen ist. In der Landwirtschaft ist das z.B. der Fall, wenn von konventioneller Bewirtschaftung auf Bio-Betrieb umgestellt wird (oder umgekehrt). Mögliche Abfolge: Jahr vor Umstellung => 1. Jahr in Umstellung => 2. Jahr in Umstellung => Jahr(e) nach Umstellung.
2. Wenn soeben eine große Maßnahme vollzogen wurde, so dass an neue "alternative Zielbetriebe" nicht schon wieder zu denken ist.
3. Wenn ein Unternehmer dermaßen in finanziellen Schwierigkeiten steckt, dass zunächst die Rettung Schritt für Schritt überlegt werden muss.
Entwicklung der kurzfristigen Verbindlichkeiten
Bei der Jahr-nach-Jahr-Planung kann ergänzend die Entwicklung der kurzfristigen Verbindlichkeiten abgeschätzt werden. Das ist vor allem wichtig, wenn der Cashflow 3 unzureichend oder gar negativ ist.
Im Beispiel dieses Familienbetriebes wäre zu erwarten, dass die kurzfristigen Verbindlichkeiten in Jahresfrist auf rund 160.000 Euro anwachsen. Nur ein neu geplanter Übergangskredit von 130.000 Euro vermeidet dies.
Bei Zukunftsbetrachtungen im Schema Jahr-nach-Jahr ist die konkret geplante Tilgung einzurechnen (anstelle der "Tilgung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen" bei der Betriebsbeurteilung). Ist bei einer Planung eine Tilgungsaussetzung berücksichtigt, werden sich die Gesprächspartner (Unternehmer, Berater, Bank) schon im Klaren sein, dass dieser Zustand nicht permanent so bleiben kann. Umgekehrt ist bei derartigen Planungen auch eine einmalige Einzahlung aus fälligem Sparvertrag o.ä. einzurechnen.
8.8 Ist-Plan-Vergleich versus Plan-Ist-Vergleich
Vorwiegend werden Ist-Plan-Vergleiche angestellt: z.B. wird das kalkulierte Ist den Zielbetrieben gegenübergestellt. Manchmal interessieren sich Unternehmer (und Banken) jedoch für einen Plan-Ist-Vergleich. Dabei wird z.B. aufgezeigt, was vor drei Jahren geplant wurde, und wie sich nun laut der letzten zwei Jahresabschlüsse die Zahlen entwickelt haben.
Zur Vorseite "7. Unterjährige Liquiditätsplanung"
Zum Seitenanfang "8. Betriebsplanung"
Nächste Seite "9. Dopplung in der Buchführung"
Zur kompletten Druckausgabe dieser Website:
BWL für Unternehmer
Zitat zur Betriebsplanung
Zitat zur Amortisation
Ein Landwirt möchte eine Maschinenhalle bauen. Der Betriebsberater schaut sich den gedachten Standort an und bemerkt: „Das wäre ein Gelände für einen künftigen Stallneubau“. Darauf der Bauer: „Ich bin jetzt 48 Jahre alt. Ich gehe lieber mit 58 in Rente als dass ich noch einen Stall baue!“
Zitat zum Rechnen
Fachlehrer: "Ein Schweizer Sprichwort sagt: 'Einen Tag rechnen bringt oft mehr als einen Monat arbeiten'." Fachschüler K. dazu ironisch: „Also brauche ich nur einen Monat zu arbeiten, um nicht einen Tag lang rechnen zu müssen!“
Noch zwei Sachen zum Schmunzeln
Einer sieht, wie ein Bekannter in die Kreditabteilung der Bank geht. Nach einer Weile kommt jener wieder heraus. Fragt der erstere ihn: „Geben die Dir so mir nix dir nix Geld?“ Antwortet der Bankbesucher: „Ja, mir nix Geld, Dir nix Geld“ (Quelle: Südwestdeutscher Rundfunk).
Trifft ein Lehrer einen früheren Schüler; der Lehrer mit einem alten Fahrrad, der junge Mann mit einem dicken Sportwagen. Sagt der Lehrer: „Na, Sie haben es ja weit gebracht. In der Schule hatten Sie immer Probleme mit dem Prozentrechnen.“ Da antwortet der ehemalige Langsamdenker: „Das mit dem Prozentrechnen habe ich auch noch hingekriegt. Heute kaufe ich Strümpfe für 1 Euro, und verkaufe sie wieder für 3 Euro. Und von den 2 Prozent Differenz, davon lebe ich.“