3. Betriebswirtschaftlicher Jahresabschluss aus dem steuerlichen
Vorbemerkung: Falls ein Unternehmen aus Teilbetrieben besteht, die untereinander verknüpft sind, z.B. durch Gebäude-Verpachtung oder Kreditgewährung, wird vorab ein "konsolidierter Jahresabschluss" zweckdienlich sein (Kapitel 6). Ein Photovoltaik-Gewerbe hat indes mit einem landwirtschaftlichen Unternehmen nichts zu tun, also wird der Unternehmer so etwas allgemein nicht in die buchführungsmäßige Konsolidierung einbeziehen. Allerdings bestehen die Banken oft darauf.
3.1 Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV)
3.1.1 Gewinn
Die Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV) als Teil des Jahresabschlusses der Buchführung zeigt den Betriebserfolg - d.h. die Erträge und Aufwendungen - in zusammengefasster Form.
Unternehmensertrag
- Unternehmensaufwand
= Gewinn
Ein negativer Gewinn wird auch als "Verlust" bezeichnet. Bei Kapitalgesellschaften ist von "Jahresüberschuss" bzw. "Jahresfehlbetrag" die Rede.
Die heutigen Gewinn-Rechnungen sind meist als Staffelrechnung aufgebaut, wobei in derselben Spalte Plus und Minus (!) auftauchen. Nachfolgend ein System von 1995, das einerseits den Vorgaben des HGB (Handelsgesetzbuch in Deutschland) genügt, andererseits aber auch die land- und forstwirtschaftlichen Besonderheiten berücksichtigt. Es ist das Schema des BMEL (Deutsches Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft), das für die Agrarberichterstattung geschaffen wurde. Dieses System ist sowohl in Familienbetrieben als auch in Agrargenossenschaften und Aktiengesellschaften der Landwirtschaft einsetzbar.
Die BMEL-GuV bietet eine übersichtliche Herleitung des Gewinns, ausgehend von den betrieblichen Einnahmen und Ausgaben. Diese ergeben saldiert den "Geldrohüberschuss aus laufender Geschäftstätigkeit". Jener Kennwert wird, um Einmaleffekte bereinigt (hier um 153.000 Euro aus Landverkauf), zum "direkt ermittelten Cashflow aus operativer Tätigkeit", einem Kennwert der Liquidität. (Bei der Original-GuV nach HGB wird dagegen nur die Spalte für Ertrag und Aufwand geboten, es fehlt die schöne Aufgliederung in mehrere Spalten).
Die Abschreibungen (= AfA) bilden in der GuV i.d.R. einen großen Aufwandsposten. Die Bestandsminderungen führen ebenso zu Aufwand. Die Bestandsmehrungen bedeuten Ertrag. Die Naturalentnahmen sind zwar nicht-monetärer Art, sind aber für das Unternehmen ebenfalls Erträge. Die Privatanteile an den Unternehmensausgaben stellen Korrekturen dar. So können bei Ausgaben für Wasser am Wirtschaftsjahresende private Anteile gutzuschreiben sein.
Der Gewinn kann auch "von hinten her" ermittelt werden - auf der Passivseite der Bilanz. Das ist die "Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich" nach § 4.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Deutschland.
Den Unternehmer wird primär die GuV interessieren. Die Bezeichnungen "Jahresabschlussbesprechung" und "Jahresabschlussanalyse" sind deshalb zutreffender als "Bilanzbesprechung" oder "Bilanzanalyse".
Bei der Buchführungsanalyse meint man mit "Gewinn" allgemein den steuerlichen Gewinn. Üblicherweise wird die betriebswirtschaftliche GuV aus der steuerlichen GuV abgeleitet. Der deshalb bereinigte Gewinn wird als "ordentliches Ergebnis" bezeichnet. Bei der auf die Zukunft gerichteten Betriebsplanung spricht man hingegen nur von Gewinn. Außerordentliches, Einmaliges und Zeitraumfremdes sind in der (mittelfristigen) Zukunftsplanung sowieso nicht einzurechnen.
3.1.2 Ordentliches Ergebnis
Das ordentliche Ergebnis ergibt sich durch Ableitung des betriebswirtschaftlichen Jahresabschlusses aus dem steuerlichen Jahresabschluss. Diese anspruchsvolle Tätigkeit wird als "Bereinigen" bezeichnet.
Um das ordentliche Ergebnis zu ermitteln, kann die "Zeigefinger-Methode" schnell zielführend kann sein: Man tastet sich mit dem Zeigefinger in der detaillierten steuerlichen GuV von oben nach unten vor und sucht nach (größeren) außerordentlichen, einmaligen und zeitraumfremden Posten (und auch nach notwendigen AfA-Korrekturen), die auf einem Zettel vermerkt werden. Das ordentliche Ergebnis ist anschließend anhand dieser Notizen schnell errechenbar.
Für ein genaueres Vorgehen sind natürlich EDV-Programme sehr nützlich. Der betriebswirtschaftliche Jahresabschluss kann dort durch eine Bereinigungsspalte aus dem steuerlichen Abschluss abgeleitet werden. Manche Positionen werden automatisch bereinigt. Eine solche Bereinigungsspalte kann auch zu Umbuchungen genutzt werden.
Übrigens: Die Unternehmer (und ihr Nachwuchs) erwarten generell, dass das betriebswirtschaftliche ordentliche Ergebnis höher ausfällt als der steuerliche Gewinn. Doch in einem Großteil der Betriebe ist das Gegenteil der Fall. Ursächlich ist meist, dass steuerlich vorgezogene Abschreibungen in früheren Jahren geltend gemacht wurden. Eine frühere Absenkung des Gewinns erhöht den späteren. Im Durchschnitt der Jahre sind Gewinn und ordentliches Ergebnis gleich hoch.
Anmerkung: Regelmäßige Zulagen und Zuschüsse haben in der Landwirtschaft - nicht nur in der Europäischen Union - eine erhebliche Bedeutung. Dafür müssen sowohl konventionell als auch nach Bio-Richtlinien produzierende landwirtschaftliche Unternehmen definierte Produktions- und Umweltstandards erfüllen. Das wird auch aufwendig kontrolliert. Die Bio-Betriebe erhalten etwa doppelt so hohe Zulagen wie die konventionellen. Diese Subventionen dienen der Verbilligung der Nahrungsmittel.
Außer einer detaillierten GuV sollte zur Bereinigung das "Inventarverzeichnis" und die sog. "Kontenschreibung" vorliegen. Das Inventarverzeichnis enthält die gesamten langlebigen Wirtschaftsgüter, mit Herstellungskosten, Buchwert und Abschreibung (AfA). Die Kontenschreibung (die auch "Journal nach Sachkonten" o.ä. heißen kann) muss von der Buchstelle extra angefordert werden. In ihr sind die Geschäftsvorfälle nach Sachkonten gruppiert, wie z.B. Maschinenunterhalt oder betriebliche Versicherungen. Die dort jeweils registrierte Belegnummer erlaubt die Rückverfolgung bis zum Originalbeleg.
In die steuerliche Buchführung können, wenn ein Arbeitsvertrag besteht (z.B. mit dem Hofnachfolger), innerfamiliäre Lohnaufwendungen eingebucht sein. Betriebswirtschaftlich ist aber im Familienbetrieb zu fragen: Wieviel wirft das Unternehmen für die gesamte Familie ab? Folglich ist die GuV ggf. um innerfamiliäre Lohnaufwendungen zu entlasten - der Privataufwand ist entsprechend zu erhöhen.
Investitionsabzugsbeträge (IAB) und andere vorgezogene AfA bei den abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern (z.B. Maschinen) können den steuerlichen Gewinn stark absenken - anfangs. Später wird der Gewinn künstlich erhöht, weil die künftigen AfA herabgesetzt sind.
Der IAB ist begrenzt auf Betriebe bis 200.000 Euro Gewinn. IAB (50 %) und Sonder-AfA (20 %) führen im Beispiel im ersten Jahr zu einer Gewinnminderung von 64.000 Euro, Restwert 36.000 Euro. In den Folgejahren können nur noch 4.000 Euro lineare AfA geltend gemacht werden (anstatt 10.000 Euro). Eine ähnliche Steuerverschiebung kann auch in Kombination mit der "degressiven AfA" bewirkt werden, sofern sie zugelassen ist. Die AfA sind entsprechend betriebswirtschaftlich zu überprüfen.
Einmalige Erträge sind auszubuchen, z.B. aus Inventarverkäufen. Ein großer Holzeinschlag ist wenigstens großenteils nicht zeitraumecht.
3.1.3 EBIT und EBITDA
EBIT = Earnings before Interest and Taxes = Gewinn vor Zinsen und vor Steuern.
EBITDA = Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation = Gewinn vor Zinsen, vor Steuern, vor AfA auf Sachanlagen und vor AfA auf immatrielles Vermögen.
Beim EBIT bleiben die Zinsen also außen vor. Betriebliche Steuern inkl. Kraftfahrzeugsteuern für den Fuhrpark (und die Grundsteuer in der Land- und Forstwirtschaft) sind nicht abgezogen.
Beim EBITDA bleiben zusätzlich die Abschreibungen außen vor. Insofern ist das ein Cashflow, bei dem allerdings die Zinsen und Steuern unberücksichtigt sind.
Anmerkung: In der Landwirtschaft wurde bis etwa 1990 noch die "Fiktion vom schulden- und pachtfreien Betrieb" gelehrt. In diesem System gab es weder einen Pacht- noch einen Zinsaufwand. Begriffsfolge: Betriebsertrag - Sachaufwand => Betriebseinkommen -Lohnaufwand => Roheinkommen -Lohnansatz => Reinertrag.
Eine ähnliche Fiktion ist bei EBIT und EBITDA gegeben: Es wird vom schulden- und steuerfreien Unternehmen ausgegangen. EBIT und EBITDA werden oft in Veröffentlichungen genannt, sie zeigen schönere Zahlen als der Gewinn.
Fazit: Für Unternehmer bieten das ordentliche Ergebnis und die (unter Punkt 4.2.3 zu besprechenden) Cashflows 1 bis 3 ungeschminkte Kennwerte.
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3.2 Bilanz
Vorweg eine Formel, die weltweit gilt, auch für Unternehmen aller Art:
Vermögen
- Fremdkapital
= Eigenkapital
Üblich bei Unternehmen in Deutschland ist jedoch die Konvention der Bilanz. Dabei bilden die Vermögenswerte addiert die "Aktiva" (links). Eigenkapital und Fremdkapital zusammen werden als "Passiva" bezeichnet (rechts). Der Buchhalter ist dann zufrieden, wenn Summe Aktiva = Summe Passiva ist.
Eine Bilanz wird normalerweise jeweils alle 12 Monate erstellt, und zwar zum Bilanzstichtag, also zum Wechsel des Buchführungs- oder Wirtschaftsjahres.
3.2.1 Vermögen im Unternehmen (Akiva = Vermögen)
Auf der Aktivseite einer Bilanz werden alle materiellen und immateriellen Vermögensgruppen (u.a. Rechte) aufgelistet und summiert. Die einzelnen Wirtschaftsgüter werden in der "Inventarliste" bzw. im "Inventarverzeichnis" geführt samt ihrer Buchwerte.
Bei den "der Wertminderung unterliegenden langlebigen Wirtschaftsgütern" (wie Gebäude, Betriebsvorrichtungen und Maschinen) werden "Abschreibungen" berechnet, abhängig von der angenommenen Nutzungsdauer. Diese Wertminderung wird eher skeptisch groß angesetzt, so dass die jährlichen Abschreibungen ("Absetzungen für Abnutzung" = AfA) durchweg relativ hoch sind. Die AfA werden kumuliert und von den Anschaffungs- und Herstellkosten des Inventars abgezogen. Auf diese Art ergeben sich bei den 'der Wertminderung unterliegenden langlebigen Wirtschaftsgütern' die Buchwerte.
Bei Vorräten (inkl. produzierten Halbfertigwaren) ist teils die Bewertung nach Marktpreisen möglich. Wenn ein solcher Marktwert nicht gegeben ist, kann man sich an den aufgelaufenen Herstellungskosten orientieren. Steuerlich werden bestimmte Vorräte als "nicht marktfähig" eingestuft und deshalb nicht bewertet. Das kann z.B. bei Betreibern von Biogas-Anlagen auf der Basis von Biomasse echt bedeutsam sein, weil dort die Biomasse-Vorräte von Jahr zu Jahr stark schwanken. Für bestimmte Vorräte, wie dem Feldinventar in der Landwirtschaft, besteht steuerlich die Option, sie zu bewerten oder nicht. Die Nicht-Bewertung kann bei Betriebsaufgabe zur steuerlichen Aufdeckung von „stillen Reserven“ führen. Die Vorräte inkl. Halbfertigwaren zählen zum Umlaufvermögen. Der Wert ist in der Buchführung nach § 4.1 EStG am Bilanztag festzuhalten.
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Giro-Guthaben zusammen bilden das Geldumlaufvermögen. Die Forderungen sind in der Buchführung nach § 4.1 EStG ebenfalls am Bilanztag festzuhalten. Problematisch ist es, wenn unter Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ein größerer Posten verbucht ist, dessen Bezahlung unsicher wurde. Z.B. kann ein Abnehmer zahlungsunfähig (insolvent) geworden sein. Dann ist diesbezüglich auch die GuV fraglich.
Etwas Besonderes ist das Bodenvermögen im land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen. Zukäufe nach dem 1.7.1970 werden mit den Anschaffungskosten bewertet. Hat die Eigentümerfamilie jedoch Altbesitz aus der Zeit davor, wird dafür ein Pauschalwert gerechnet und zwar abhängig von der (qualitätsbedingten) Ertragsmesszahl, die beim Finanzamt hinterlegt ist.
Die Bewertungen sind Aufgabe der Buchstellen und Steuerberater, vor allem für die sog. Eröffnungsbilanz, das ist die erste Bilanz. Der Unternehmer muss aber wissen, dass in steuerlichen Bilanzen der Buchwert stark (nach unten) vom Verkehrswert abweichen kann, z.B. durch Sonderabschreibungen, Investitionsabzugsbeträge (IAB) und degressive AfA.
Aktive Rechnungsabgrenzungsposten: Das sind betriebliche Ausgaben, die bereits für künftige Wirtschaftsjahre getätigt wurden, z.B. Mietvorauszahlungen oder das Disagio für einen erhaltenen Kredit.
Heutzutage werden Aktiva und Passiva durchweg nacheinander dargestellt - wie auch in folgender Kurzfassung.
Im hier verwendeten Programm wird hier vorgeschlagen, Rückstellungen und Sonderposten betriebswirtschaftlich zu neutralisieren.
3.2.2 Fremdkapital
Lang- und mittelfristige Verbindlichkeiten: Das sind Darlehen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr. Sie werden auf der Passivseite als Summe ausgewiesen.
Kurzfristige Verbindlichkeiten: Dazu zählen 1. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (das sind Schulden gegenüber Lieferanten und Dienstleistern) und 2. Girokonten mit Kontostand unter null.
Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sind in der Buchführung nach § 4.1 EStG am Bilanztag einzeln festzuhalten. Zu jedem Bilanzstichtag ist freilich zu erwarten, dass kurz vorher Rechnungen von Lieferanten eingegangen sind, die noch gar nicht beglichen sein können. Überschreiten die kurzfristigen Verbindlichkeiten aber 10 Prozent der Umsatzerlöse, ist dies als kritisch zu beurteilen.
3.2.3 Eigenkapital
Gemäß der eingangs des Bilanz-Themas genannten Formel gilt:
Eigenkapital = Vermögen - Fremdkapital
3.2.4 Nicht durch Vermögen gedecktes Fremdkapital
Wenn das Fremdkapital größer ist als das Vermögen, wird das als Überschuldung bezeichnet. Hoffentlich sind dann noch "stille Reserven" gegeben, so dass das reale Eigenkapital doch positiv ist. Das ist freilich nur außerhalb der Buchführung zu klären.
Die Bilanz beruht auf den Bewertungen in der Buchführung. Und wenn dort das Fremdkapital größer ist als das Vermögen, ist das Eigenkapital in der Bilanz negativ. Das entspricht der mathematischen Logik und so wird es der Unternehmer sehen.
Ein betriebswirtschaftliches Programm zur Jahresabschlussanalyse muss also ggf. ein negatives Eigenkapital ausweisen (in obiger Darstellung D 321 ggf. in der Zeile 140).
In der Bilanz nach HGB oder BMEL wird das aber (noch) anders gehandhabt. Nach der Soll- und Haben-Konvention ist der niedrigste Wert, den das Eigenkapital annehmen kann, null Euro. Damit es trotzdem passt, wird auf der Vermögensseite (Aktiva) eines überschuldeten Unternehmens einfach ein Betrag "Nicht durch Vermögen gedecktes Fremdkapital" gebildet und dem Vermögen zugerechnet (auch die Formulierung "Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" ist anzutreffen). Auf gut Deutsch: Es wird zusätzliches Vermögen erfunden!
Das rechnerische Aktivvermögen wird willkürlich erhöht …
Nach der Soll- und Haben-Regel Summe links = Summe rechts ist das rechnerisch so vorgeschrieben. Inhaltlich ist es falsch. Ursächlich ist, dass früher nur das Kopfrechnen möglich war, und Normalsterbliche können nun mal nicht mit wechselnden Vorzeichen in einer Zahlenkolonne rechnen. Die Herausforderung war also im Mittelalter, ein System zu finden, bei dem in einer Spalte kein Wert unter null erscheint, eben auch nicht beim Eigenkapital. Dem entsprechend beschrieb Luca Pacioli 1494 das Konstrukt von Soll und Haben.
Nun sind vor etwa 50 Jahren die elektronischen Rechner eingeführt worden, und seitdem sind Wechsel des Vorzeichens in einer Zahlenkolonne kein Problem mehr. Ggf. ist also nun die Anzeige eines negativen Eigenkapitals in der Bilanz möglich.
In der GuV sind - in Form der Staffelrechnung - längst Zahlenkolonnen mit Plus und Minus üblich! Die Bilanz nach HGB kann entsprechend angepasst werden. Weiteres zu dieser Thematik unter „9. Dopplung in der doppelten Buchführung“.
3.2.5 Sonderheiten in der Passiva
Rückstellungen: In der steuerlichen Bilanz können für erhaltene Dienstleistungen, deren Rechnungsbetrag noch nicht feststeht, Rückstellungen enthalten sein. Diese werden betriebswirtschaftlich üblicherweise neutralisiert.
Sonderposten, z.T. mit Rücklagenanteil: Dabei ist bei jedem einzelnen Sonderposten (Sopo) die Frage, ob er dem Eigenkapital gleicht oder dem Fremdkapital. Experten schlagen teils vor, pauschal je die Hälfte als Eigenkapital und als Fremdkapital zu rechnen. Ein Sonderposten wegen früheren Investitionszuschüssen ist aber zunächst zu 100 % Eigenkapital. Allerdings führen solche Zuschüsse zu verbesserten Gewinnen, so dass über die Einkommensteuer in den Jahren nach dem Erhalt wieder Geld an den Fiskus zurückfließt. Am einfachsten ist, betriebswirtschaftlich sämtliche Sopo auszubuchen.
Passive Rechnungsabgrenzungsposten: Das sind betriebliche Einnahmen, die in künftige Wirtschaftsjahre gehören, z.B. eine eingenommene Mietvorauszahlung.
3.3 Ergänzungen zu GuV und Bilanz
Die beiden folgenden Auflistungen sind jedenfalls unverzichtbar.
3.3.1 Kapazitäten und Produktionsverfahren
Zur Unternehmensbeurteilung gehören Angaben zu Arbeitskräften, zur rechtlichen Unternehmensform, zum Eigen- und Pachtland, zu Betriebszweigen bzw. Produktionsverfahren. Solche Werte sind den Anhängen zum Jahresabschluss sowie weiteren Listen der Buchstellen zu entnehmen. Evtl. sind die Daten der Buchstelle aber nicht ganz aktuell, denn auf den steuerlichen Gewinn haben sie keine Auswirkungen.
3.3.2 Einzelaufstellung der Kredite
Wenn das Unternehmen Darlehen aufgenommen hat, ist eine möglichst aktuelle Auflistung der einzelnen Kredite anzufertigen, aus der die Zinsausgaben und Tilgungszahlungen detailliert ersichtlich sind. Achtung: In der Buchführung wird nirgends erfasst, ob es sich um Abzahlungs-, Annuitäts- oder Festdarlehen handelt. Da ist manuelle Nacharbeit unvermeidbar.
Zusätzlich zu erfassen sind Kredite für Gewerbe und Vermietung (M) und für Privat (P). Die Zahlen sollen schließlich das bieten, was der Unternehmer für das "Rating" der Bank braucht. Dazu gehört die Summe der kurzfristigen Verbindlichkeiten.
Aus dem Jahresabschluss muss für jedes Darlehen der Stand am letzten Bilanztag ersichtlich sein, dazu die Zinsen und Tilgungen (ggf. samt Kreditablösung) des gesamten letzten Wirtschaftsjahres.
Wichtig ist für die Unternehmensanalyse, die "Tilgungen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen" zu bearbeiten. Das heißt, dass die Annuitäten- und Abzahlungsdarlehen mit ihren vertragsgemäßen Tilgungen darzustellen sind. In den Buchführungsjahren gewährte Tilgungsaussetzungen sind nach den genannten Grundsätzen nicht zu berücksichtigen. Das würde ggf. eine finanzielle Enge verschleiern. Umgekehrt sind Sondertilgungen auch nicht zu erwähnen. Das würde ja in einem gut laufenden Betrieb u.U. ein - nicht vorhandenes - Finanzproblem anzeigen.
Zu den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gehört ggf. auch, überhöhte kurzfristige Verbindlichkeiten fiktiv zu tilgen. Eine missliche Liquidität muss bei der Beurteilung auch zum Ausdruck kommen.
Bei einem Fest- und Vorausdarlehen sind vor dem Tag der Endfälligkeit formell keine Tilgungen fällig. Aber wenn eine Festhypothek direkt mit einem Sparvertrag (oder mit einem Kapital-Lebensversicherungs-Vertrag) verkoppelt ist, sind dort Pflichtansparungen zu leisten, welche vom Charakter her den Tilgungen entsprechen.
Wie sich die einzelnen Darlehen in zurückliegender Zeit entwickelten, ist für die Unternehmensbeurteilung nicht wichtig. Deswegen kann man sich darauf konzentrieren, welche Zahlungen aktuell und künftig zu leisten sind.
Zum Stichtag, auch im Hinblick auf die Betriebsplanung Jahr nach Jahr
Grundsätzlich ist sinnvoll, den Darlehensstand (die Valuta) zeitnah zum Ende des letzten Monats zu erfassen, besonders dann, wenn der Jahresabschluss der Buchstelle schon etwas älter ist. Darüber hinaus sollte schon an dieser Stelle an die ggf. folgende Betriebsplanung gedacht werden, um sicherzustellen, dass die Tilgungen späterer Jahre rechnerisch nicht um ein Jahr zu schnell kalkuliert werden.
Deshalb ist auch zu überlegen, welcher Stichtag angemessen ist (vgl. Punkte 5.8 Kostenrechnung ohne BAB, Teil "vom Db-Schema zum Bf-Schema" und 8.7 Planung Jahr nach Jahr) .
Ein Beispiel, wenn das Wirtschaftsjahr (WJ) vom 1.7. - 30.6. läuft:
Letztes WJ 2022/23 = 1.7.2022 Anfang letztes Buchführungsjahr
1. Variante 2023/24 = 1.7.2023 Anfang "Aktuelles Ist"
2. Variante 2024/25 = 1.7.2024 Anfang 1. Planjahr vor Umstellung, usw.
Im Beispiel würde sich demnach empfehlen, das erste Kreditblatt mit Stichtag 1.7.2023 zu beginnen. Das wäre zugleich der Beginn des "Aktuelles Ist". Dessen WJ wäre dann letztes Buchführungsjahr plus ein Jahr. Durch einen solchen Stichtag wird sichergestellt, dass rechnerisch nicht zu schnell getilgt wird und somit die Valuta-Stände zu den künftigen Jahren passen.
Genauere Erläuterungen zum "Aktuelles Ist" sind zu finden unter "5. Erweiterte Jahresabschlussanalyse".
3.4 Weitere Listen zur Buchführung
Inventarliste und Kontenschreibung sind oben beim ordentlichen Ergebnis schon angesprochen worden. Auf Wunsch erstellen die Buchstellen unterjährige Rückberichte, die sog. BWA (betriebswirtschaftliche Auswertung) sowie vertikale Vergleiche mit den Vorjahren bzw. Vorjahresmonaten. Letztere sind in Gartenbaubetrieben und bei Direktvermarktern praktisch unverzichtbar.
Zum Anfang "3. Jahresabschlusses betriebswirtschaftlich"
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Eine Anekdote
Vor Einführung der EDV-Buchführung hatte so ziemlich jede Buchstelle ihr eigenes System. Bei einem der Klienten eines Beratungsbüros waren die vielen Kredite schön auf der Passivseite der Bilanz aufgelistet, alle mit ihrem vollen Ursprungsbetrag. Festdarlehen? Nein. Alle Kredite waren regelmäßig zu tilgen. Nun, diese Buchstelle hatte zu jedem Kredit parallel ein "Tilgungsguthaben" geführt, auf der Aktivseite der Bilanz.
An dem Beispiel war zu sehen: Buchhalter sind durch die Soll- und Haben-Konvention auf besondere Art geprägt - die Summe der Soll-Spalte und die Summe der Haben-Spalte haben sich auf Mark und Pfennig zu entsprechen. Dann ist das Ganze für sie "in sich schlüssig", fertig.
Vergleiche dazu oben Punkt 3.2.4: "Nicht durch Vermögen gedecktes Fremdkapital".
Zitat zu vorgezogenen Abschreibungen
„Der Betrieb läuft inzwischen super. Die hohen Kredite meiner Eltern sind zurückgezahlt. Ich bin schuldenfrei. Sonderabschreibungen oder Investitionsabzugsbetrag machen wir nicht mehr. In Jahren mit guten Ergebnissen zahlen wir gerne hohe Steuern, in schlechten Jahren haben wir noch genügend zum Abschreiben“ (Familienunternehmer K.).
Anmerkung: Natürlich kann eine Kreditaufnahme auf einem gutem Kalkül beruhen. Aber man hüte sich vor einer finanziellen Zwangslage.